Montag, 19. Mai 2008

Josef Redlich


Geboren am 18. Juni 1869 in Göding/Hodonín (Mähren), als Sohn des deutsch-jüdischen Fabrikanten Adolf Redlich und dessen Frau Rosa, geboren Fanto.
Im Herbst 1878 kam er nach Wien zu Studienzwecken. Hier besuchte er in den Jahren 1878 – 1886 das Akademische Gymnasium. Von 1886 – 1890 studiert er die Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Wien und macht Studienaufenthalte in Leipzig und Tübingen. Nach der Promotion im Jahr 1891, wirkt er 2 Jahre als Praktikant in Brünn an der Statthalterei. Danach widmete er sich ganz der Wissenschaft und arbeitete an dem Thema zur englischen Verwaltung und über den englischen Parlamentarismus. Ab dem Jahr 1897 wandte er sich mehr und mehr der wissenschaftlichen Laufbahn, auch wenn bis 1900 noch als Konzipient tätig war.
Im Jahr 1901 erschien sein Buch über die „Englische Lokalverwaltung“ Darstellung der inneren Verwaltung Englands in ihrer geschichtlichen Entwicklung und ihrer gegenwärtigen Gestalt, das ihm in der Fachwelt berühmt gemacht hatte. Seiner weitere Bücher über englische Lokalverwaltung: „Local Government in England“, 1903 und Recht und Technik des Englischen Parlamentarismus in Jahr 1905. Ab 1901 Privatdozent, 1907 außerordentlicher Professor für Staatsrecht und Verwaltungslehre an der Universität Wien, 1909 bis 1918 ordentlicher Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Technischen Hochschule in Wien. In dieser Zeit verfasste er sein Buch Das Wesen der Österreichischen Kommunalverfassung, das im Jahr 1910 erschienen ist. 1906 wurde er mährischer Abgeordneter am Landtag für die Deutsche Fortschrittliche Partei, in Jahren 1907 – 1918 Reichsabgeordneter. Während des Ersten Weltkrieges entfernte er sich von seiner deutsch-nationalen Auffassung und wurde zum engagierten Pazifisten und zum Vertreter einer nationalen Verständigungspolitik. Vom 27. Oktober – 11. November 1918 fungierte er als Finanzminister im Kabinett Lammasch, Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung von 21. Oktober 1918 – 16. Februar 1919. Während der Kriegsjahre wandte er sich zur österreichischen Geschichte zu. Seine Bedeutendste Werke zur österreichischen Geschichte sind „ Das österreichische Staats- und Reichsproblem“ in zwei Bänden, erschienen in den Jahren 1920 und 1926 sowie die Biographie des Kaisers Franz Josef von Österreich, die im Jahr 1928 erschienen ist. Nach der Gründung der Republik widmete er sich wieder der wissenschaftlichen Arbeit. Mehrfach bekam er Einladungen von amerikanischen Universitäten zur Vortrags- und Vorlesungstätigkeit, diese nahm er von der Harvard Universität in Cambridge in USA an, wo er mit kurzen Unterbrechungen als Professor für vergleichendes Staats- und Verwaltungsrecht in Jahren 1926 – 34 wirkte. 1929 wurde er zum Ersatzrichter am Internationalen Gerichtshof in Haag gewählt. Er kehrte nach der Kreditanstaltkrise noch einmal nach Österreich und wurde 1931 für einige Monate Finanzminister im Kabinett Buresch /Juni – Oktober 1931/. Im Jahr 1934 endgültig nach Wien zurückgekehrt.
Redlich war 2-mal verheiratet, in ersten Ehe mit Alix Simon /geschieden 1908/ und in zweiter Ehe ab 1919 mit Gertrud Flaschar. Gestorben am 12. November nach langen Krankheit im Jahr 1936 in Wien.
Redlichs Arbeiten über das englische Staats- und Verwaltungsrecht und Arbeiten zur österreichischen Geschichte wurden mehrmals übersetzt. Eine reiche Quelle zur österreichischen Staats- und Kulturgeschichte bietet sein Tagebuch Schicksalsjahre Österreichs 1908 – 1919. Ein politisches Tagebuch Josef Redlichs, bearbeitet von Fritz Fellner in 2. Bänden, die in den Jahren 1953 und 1954 erschienen sind und seine umfangreiche Korrespondenz mit dem Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal / H. von Hofmannsthal - J. Redlich, Briefwechsel, herausgegeben von Helga Ebner-Fußgänger, 1970/ und mit dem Schriftsteller Hermann Bahr / Dichter und Gelehrter. H. Bahr - J. Redlich in ihren Briefen 1896-1934, herausgegeben von F. Fellner, Salzburg 1980/. In diesen Briefen beschreiben die Personen ihre persönliche Gedanken auf die Gegenwart, ihre Meinungen auf die europäische und österreichische Politik, über die einzelnen neuen Staaten, die entstehen, sie „sprechen“ über verschiedene literarische Werke, die sie lesen. Redlich schreib hier auch über die Arbeit an seinen Werken, z.B. er schicke die Manuskripte an Hofmannsthal und der teilte ihm seine Anmerkungen dazu.
Schicksalsjahre Österreichs 1908 – 1919 – er führ ein Tagebuch schon ab dem 26. November 1902, ab Ende des Jahres 1908 werden die Einträge regelmäßiger und häufiger und vom Jahr zu Jahr länger und ausführlicher. Die letzte Eintragung ist von Juli 1936. Redlich hat auch eine Autobiographie begonnen zu schreiben, aber es blieb nur bei einem handschriftlichen Bruchstück. Die Memoirenwerke sind frei von den Versuchen der eigenen Rechtfertigung und frei auch von unbewußten Beschönigungen. Nachteil bei den Tagebücher ist, dass sie noch nicht den Abstand zu den Ereignissen noch nicht gewonnen. Tagebücher sind Aufzeichnungen des unmittelbaren Erlebens, bestimmt von den Eindrücken des Augenblicks, in dem man das Gehörte und gesehene niederschreibt, wie es kommt, Richtiges und Falsches, Wichtiges und Unwichtiges, alles gesehen und bewertet durch die subjektive Einstellung des Augenblicks, so der Fritz Fellner.

Weitere Werke:
Österreichische Regierung und Verwaltung im Weltkriege, Wien 1925
Hygiene, Bauordnung und Parzellierung, Berlin 1914
Römisches Tagebuch. Joseph Maria Baernreither, herausgegeben von Josef Redlich im Jahre 1929
Fragmente eines politischen Tagebuches. Die südslawische Frage und Österreich-Ungarn vor dem Weltkrieg. Joseph Maria Baernreither, herausgegeben von Josef Redlich Berlin 1928
Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte. Sechster Band. Österreich. Mit Beiträgen von J. Redlich, 1907

Benutzte Quellen:
Österreichische Republik. Parlament: Dr. Josef Redlich, online: [17-5-2008] http://www.parlament.gv.at/WW/DE/PAD_01560/pad_01560.shtml

Österreichisches Biographisches Lexikon 1815 - 1950, Bd. 9 (Lfg. 41), S. 10f., Redlich Josef, online [17-5- 2008], http://hw.oeaw.ac.at/oebl?frames=yes
Helga FUßSÄNGER (Hrsg.): Hugo von Hofmannstahl – Josef Redlich, Briefwechsel, Frankfurt am Main 1971
Fritz FELLNER (Hrsg.): Schicksalsjahre Österreichs 1908-19. Das politische Tagebuch Josef Redlichs, 2 Bände, Graz/Köln 1953/1954
Fritz FELLNER (Hrsg.): Dichter und Gelehrter. Hermann Bahr und Josef Redlich in ihren Briefen 1896 – 1934, Salzburg 1980